Interview mit Stuntkoordinator George Aguilar

GEORGE AGUILAR – STUNTKOORDINATOR

Stuntexperte George Aguilar hat an vielen großen Hollywoodproduktionen mitgearbeitet, darunter an THE DEPARTED („Departed - Unter Feinden“, 2006), GANGS OF NEW YORK („Gangs of New York“, 2002), ALFIE („Alfie“, 2004) und WAR OF THE WORLDS („Krieg der Welten“, 2005). Vor der Kamera hatte er einige kleinere Rollen als Schauspieler in THE STEPFORD WIVES („Die Frauen von Stepford“, 2004), MEET THE PARENTS („Meine Braut, ihr Vater und ich“, 2000) und in der TV-Serie „Oz“.
 
Wie arbeiten die Hauptcrew und das 2.Aufnahmeteam beim Dreh der Stuntszenen zusammen?
George Aguilar: Die Hauptcrew filmt in der Regel die Szenen mit den wichtigsten Darstellern, das 2. Aufnahmeteam eher die Szenen, in denen Stunts eine große Rolle spielen. Nach der Planungsphase überlegen wir uns, wie und wann wir die Stuntleute einsetzen. Wenn dann ein Stuntman einen Schauspieler gedoubelt hat und wir diese Aufnahme im Kasten haben, integrieren wir nun den Darsteller, ob es nun Jake, Gemma oder jemand anderes ist, in die Szene. Und der Übergang muss so nahtlos wie möglich erfolgen.
 
Welche Stunts waren die gefährlichsten?
George Aguilar: Jake und seine Stuntdoubles haben einige ziemlich große Sprünge bewerkstelligt. Obwohl sie an Drähten hängen, sind es schwierige Szenen. Wir haben auch viel mit Tieren, darunter Pferde und Kamele gearbeitet, alles Mögliche gemacht. Jake, Gemma und alle anderen Darsteller mussten reiten und an ihrer Technik arbeiten. Und wir hatten einige Pferde, die frei herum galoppierten, was immer etwas problematisch ist.
 
Welche Rolle spielen typische Parkour-Elemente bei den Actionszenen?
George Aguilar: Beim Parkour versuchen wir möglichst nah an der Realität zu bleiben, überhöhen das Ganze vielleicht nur ein bisschen. Wenn ein Parkour-Profi von einem 4,5 oder 6 Meter hohen Gebäude springen und am Boden landen kann, machen wir daraus vielleicht einen 9-Meter-Fall. Würde der Profi das versuchen, bräche er sich die Beine. Unseren Jungs passiert das nicht, denn wir benutzen Drähte und Polsterungen. Wir haben nicht ein Parkourelement ausgeführt, das unrealistisch war. Höchstens etwas übertrieben, aber das war auch schon alles. Die Zuschauer sollen es schließlich für glaubwürdig halten und überlegen ‚Konnte er das wirklich schaffen?’ Natürlich konnte er das, schließlich ist er Prinz Dastan.
 
Auf jedem Set haben wir Räume geschaffen, die Parkour möglich machten, wo es auch elegant und gekonnt aussah. Keinesfalls sollte es geplant wirken. Dastan sollte eine Stelle sehen und dann einfach losrennen und springen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man auf Dinge aus der Umgebung reagiert, sie benutzt und es improvisiert wirken muss. So zum Beispiel, wenn Dastan eine Stadtmauer hinaufklettert. Jake hat ein paar Monate vor den Dreharbeiten mit seinem Training begonnen und sehr hart gearbeitet.
 
Welcher ist Ihr Lieblingsstunt im Film? 
George Aguilar: Ich mag die Szene, in der Dastan durch eine Gasse rennt, von einem Reiter verfolgt wird, der ihn gleich aufspießen wird. Er rennt kurz eine Mauer hoch und lässt sich wieder fallen, dann wieder eine Mauer hoch und reißt beim Fall nun den Reiter vom Pferd. Danach tragen beide noch einen freundschaftlichen Schwertkampf aus. Man muss alles in dieser Szene kalkulieren und integrieren. Die Kampfkunst, das Reiten und auch Parkour. Auf der Leinwand dauert die Szene nicht sehr lange, aber wir brauchten dafür viel Zeit zum Proben und drei bis vier Drehtage, um sie im Kasten zu haben.
 
Gibt es Momente, in denen Sie die Darsteller in ihrem Eifer bremsen müssen, die Stunts selbst machen zu wollen?
George Aguilar: Die gibt es jeden Tag und bei jedem Stunt. Keiner will sich das nehmen lassen. Und sie sind alle sehr gut, körperlich fit. Wir versuchen, sie so viel wie möglich selbst machen zu lassen. Zumindest dürfen sie Teile der Stunts machen. Ausgenommen sind solche, bei denen man zum Beispiel aus 21 Meter in ein Kissen springen muss.
 
Wie lässt sich das alles mit anderen Stunt-intensiven Filmen vergleichen, an denen Sie mitgearbeitet haben? 
George Aguilar: Parkour ist einzigartig. Es gibt auch viele verschiedene Elemente, wie die Arbeit mit den Schwertern und den Pferden und auch den zeitlichen Rahmen der Handlung. Dass die Story so weit in der Geschichte zurückgeht und ich etwas über die Geschichte Persiens lernen konnte, fand ich interessant. 
 
Was empfanden Sie während der Dreharbeiten als echte Herausforderung? 
George Aguilar: Die Schwertkämpfe und besonders die Aufgabe, sie hart und schmutzig aussehen zu lassen. In den meisten Filmen mit Schwertkämpfen geht es recht sauber und anständig zu. Bei uns wird viel physischer gekämpft. Wird jemand getroffen, wird er wirklich getroffen. Wird jemand von einem Dolch durchbohrt, stirbt er. Man sticht nicht auf jemanden sechsmal ein, und der Verletzte kann trotzdem noch aufstehen und weggehen. Einen solchen Film haben wir nicht gedreht. Schwingt man ein Schwert, will man damit töten. Alles dreht sich um Absicht, und Jake bringt das sehr gut rüber. Bei uns sieht man Blut. Wir machen reale Effekte am Set und auch digitale. Was man davon aber im fertigen Film sehen wird, das weiß ich nicht. Das hängt davon ab, was für ein Rating er bekommt. Ich glaube, dass darüber lange verhandelt wird.